Weiteres Studium der vorhandenen Bilder führte dazu, das wir Kontakt mir dem Verkäufer in der Nähe von Lyon aufnahmen. Vielmehr ließ ich Kontakt aufnehmen, da ich ja fast kein französisch spreche. Dieser Verkäufer schickte dann auch neue, weitere Bilder, die mir den Mund immer wässriger machten.
Eine nochmalige Rückfrage nach Frankreich führte dazu, das wir einen Termin zur Besichtigung machten. Von uns in Hannover bis zum Verkäufer waren es gute 1100 km einfache Strecke. Normalerweise muss sowas ins Fiasko führen. Normalerweise macht man sich bei einer so langen Anreise erpressbar, das Auto dennoch zu nehmen. Normalerweise ist die Verhandlungsposition im Ausland immer schlecht. Normalerweise sind Franzosen gerade in der Provinz Deutschen gegenüber sehr reserviert. Normalerweise.
Bei der Besichtigung stellte sich aber heraus, das der Wagen problemlos sein würde. Die Bleche waren bis auf zwei Stellen sehr gut und rostfrei. Die Technik erschien gut, regelmäßig gewartet und ausreichend zuverlässig für die kommende Überführung. Nach Probefahrt und kurzen Verhandlungen füllten wir in der Stube des sehr freundlichen, aber natürlich nur französischsprechenden Verkäufers die notwendigen Papiere aus und fuhren gegen Mittag in St. Bonnet de Joux los. Was uns lediglich gewundert hatte, war das der Verkäufer die ganze Zeit von einem Monsieur Dassault gesprochen hatte. Wer immer das wohl war, er musste eine Rolle in diesem Benz gespielt haben. Da uns das nichts sagte, haben wir das auch erstmal ignoriert.
Nach einem guten Mittagsmahl in der französischen Provinz machten wir uns über Dijon, Mulhouse, Freiburg, Karlsruhe nach Ornbau. Dort haben wir den Wagen in einer befreundeten Werkstatt am nächsten Morgen nochmals komplett überprüft.
Wir kamen zu dem Fazit, der Wagen war kein Fehlkauf. Der Wagen war substantiell gut. Kleinere Arbeiten für TÜV, H-Abnahme und Zulassung waren erforderlich. Eine Fluid-Film Hohlraumversiegelung stand natürlich auch an. Diese Arbeiten wurden erledigt und so steht heute der Zulassung nichts im Wege. Zu Pfingsten wird auch dieser 280E von 1976 in Ornbau stehen.
Zu Hause angekommen habe ich mir dann das noch vorhandene Service-Heft durchgelesen. Darin steht, daß der Wagen am 29.09.1976 von Mercedes-Benz-Paris an
S.A. Marcel Dassault, 006 Rue da Bessi, 75008 Paris mit dem Kennzeichen
25 AMD 75 ausgeliefert wurde. Eine Kurzanfrage bei Google zu dem Namen ergab Erstaunliches.
Monsieur Dassault war im letzten Jahrhundert in Franreich wohl eine echte Berühmtheit. Sein Unternehmen baut bis heute Flugzeuge, unter anderem das
Kampfflugzeug Mirage.Das erklärt, warum der Verkäufer die ganze Zeit darauf hingewiesen hat. Jetzt haben auch wir das verstanden.
Das erklärt, warum der Wagen so gut ausgestattet ist:
861 = Silbergrün metallic
205 = Leder Pergament
401 = Einzelsitze vorne
410 = Schiebedach elektrisch
420 = Automatic mit Mittelschaltung
437 = Sicherheitsgurte automatisch im Fond links und rechts
466 = Zentralverriegelung
502 = Aussenspiegel rechts, mechanisch einstellbar
542 = Handschuhkasten verschliessbar
570 = Armlehne klappbar vorne
585 = Klimaanlage Behr und Fensterheber elektisch vorne
593 = Wärmedämmendes grünes Glas rundrum mit Bandfilter, heizbare Heckscheibe ESG
600 = Scheinwerferreinigungsanlage
610 = Haupt- und Nebelscheinwerfer gelb
629 = Frankreich-Ausführung
638 = Wegfall Warndreieck
665 = Kraftstoff 10 Liter und Verpackungsart VE II
220 = Türkontakte Fondtüren
286 = Gepäcknetze an Fahrersitzen
881 = Kopfstützen im Fond rechts und links
Hier habe ich einmal den Neupreis ohne Autotelefonanlage ausgerechnet:
280E W123 - Neupreisrechner @ www.w123-hannover.deDas erklärt, warum der Wagen eine L.M.T.-Autotelefonanlage hatte, von der noch einige Reste vorhanden sind:
Das erklärt, warum hinten eine Leseleuchte an einem verchromten Schwanenhals eingebaut ist:
Wir werden den Wagen möglichst original erhalten. Ich suche derzeit nach weiteren Teilen und Informationen zu der Autotelefonanlage.
Danke an Monsieur Dassault und alle Vorbesitzer dafür, das der Wagen so bestellt und so erhalten wurde. Er ist ein sehr schönes Beispiel für einen top-ausgestatteten W123, der im Erscheinungsjahr 1976 in Paris an der Avenue des Champs-Elysees sicher desöfteren repräsentativ parkte.